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ThermoKarst

Un­te­rir­dische Hohlräume sind ein emp­find­liches Öko­sys­tem, in dem bio­geo­che­mische Pro­zesse stark von der Tem­pe­ra­tur abhän­gen. Sie be­her­ber­gen auch ein­zi­gar­tige Spu­ren ih­rer ver­gan­ge­nen Um­welt, de­ren In­ter­pre­ta­tion eng mit der Tem­pe­ra­tur verknüpft ist.

In den letz­ten Jah­ren ha­ben sich viele Stu­dien auf Speläo­theme, se­kundäre Kar­bo­nat­for­ma­tio­nen wie Sta­lag­mi­ten und Sta­lag­mi­tens­tröme, kon­zen­triert, da sie in der Lage sind, paläoen­vi­ron­men­tale In­for­ma­tio­nen zu ar­chi­vie­ren, die ge­nau auf die letz­ten 0,5 Ma da­tiert wer­den kön­nen. Meh­rere Me­cha­nis­men, da­run­ter die Wär­me­dif­fu­sion im um­ge­ben­den Ge­stein und die Ad­vek­tion durch Was­ser und Luft, über­tra­gen Wärme von der Außen­fläche in den Hohl­raum. Je nach der re­la­ti­ven Be­deu­tung die­ser ver­schie­de­nen Flüsse wird die un­te­rir­dische Tem­pe­ra­tur als Reak­tion auf die zeit­li­chen Schwan­kun­gen der Außen­tem­pe­ra­tur mehr oder we­ni­ger stark gedämpft und pha­sen­ver­scho­ben.

Ein gutes Verständ­nis der ther­mi­schen Reak­tion des Karstes auf den Kli­ma­wan­del ist da­her grund­le­gend, um die Au­flö­sungs-/Nie­der­schlag­sra­ten zu quan­ti­fi­zie­ren und die in den Kon­kre­men­ten beo­bach­te­ten geo­che­mi­schen Verän­de­run­gen zu in­ter­pre­tie­ren und die Aus­wir­kun­gen auf die le­ben­den Or­ga­nis­men in den Höh­len zu be­wer­ten.


Aus­ge­hend von der Li­te­ra­tur ha­ben wir drei Hy­po­the­sen for­mu­liert, die wir im Pro­jekt zu va­li­die­ren su­chen:
  1. Die Belüf­tung von Karst­mas­si­ven stellt ei­nen do­mi­nie­ren­den Me­cha­nis­mus für die Wär­meü­ber­tra­gung dar

  2. Die Reak­tions­zeit von Mas­si­ven und Höh­len hängt hauptsä­chlich von ad­vek­ti­ven Strö­mun­gen (Was­ser und Luft) ab, mehr als von der Wär­me­lei­tung im Ge­stein.

  3. Der Wär­meaus­tausch reicht aus, um zu­min­dest un­ter bes­timm­ten Be­din­gun­gen eine si­gni­fi­kante Menge an Kon­dens­was­ser zur Auffül­lung von Karst­sys­te­men zu pro­du­zie­ren.

Ziel des Pro­jekts ist es, eine gründ­liche Ana­lyse der Mas­sen- und Wär­meü­ber­tra­gung in Karst­sys­te­men dur­ch­zufüh­ren, um diese Fra­gen zu beant­wor­ten. Ins­be­son­dere möch­ten wir die Aus­wir­kun­gen eines Kli­ma­wan­dels auf die un­te­rir­dische Um­welt cha­rak­te­ri­sie­ren und die ther­mische Reak­tion ei­ner Höhle auf ver­schie­de­nen räum­li­chen und zeit­li­chen Ska­len bes­tim­men. Wir wer­den ein ve­rein­fachtes glo­bales Mo­dell der Karst­mas­sive ent­wi­ckeln, das aus meh­re­ren Sub­sys­te­men (Ge­stein, Lei­tung, Epi­karst...) bes­teht. Die Wär­meü­ber­tra­gung durch Lei­tung und Ad­vek­tion (Was­ser und Luft) im Ge­stein und in den Lei­tun­gen wird voll­stän­dig ge­kop­pelt sein. Al­ler­dings sind die Aus­wir­kun­gen der natür­li­chen Belüf­tung der Höh­len und des Epi­karsts der­zeit nicht gut quan­ti­fi­ziert, was eine Mo­del­lie­rung ris­kant macht. Da­her wer­den pa­ral­lel zu den Si­mu­la­tio­nen Feld­mes­sun­gen durch­geführt.

Um dieses Ziel zu er­rei­chen, stützt sich das Pro­jekt auf zwei Teams mit kom­ple­mentä­ren Kom­pe­ten­zen, eines spe­zia­li­siert auf das Mo­ni­to­ring und die Kon­zep­tua­li­sie­rung von Karst­sys­te­men (ISSKA), das an­dere auf Wärme- und Stoffü­ber­tra­gung (FAST). Diese bei­den Teil­be­reiche wer­den da­her pa­ral­lel bear­bei­tet. Zu Be­ginn wird eine pa­ra­me­trische Stu­die (Aus­gang­smo­dell) mit ve­rein­fach­ten ana­ly­ti­schen Mo­del­len durch­geführt, um die Größe der je­wei­li­gen Pro­zesse un­ter ver­schie­de­nen Be­din­gun­gen ab­zu­schät­zen. Dies wird es ermö­gli­chen, den In­halt des ers­ten nu­me­ri­schen Mo­dells (Teil 1) und der Da­te­ner­fas­sung vor Ort (Teil 2). Beide Teile wer­den im Laufe des For­schung­spro­gramms ite­ra­tiv zu­sam­men­ge­fasst, so dass am Ende alle drei Hy­po­the­sen dis­ku­tiert wer­den kön­nen. Zwei Haupts­tan­dorte wer­den ins­tru­men­tiert, da­run­ter das un­te­rir­dische La­bor von Mi­landre, wo be­reits zahl­reiche Da­ten vor­lie­gen. Die Stan­dorte wer­den hin­sicht­lich der Tem­pe­ra­tur so­wie der wich­tig­sten Pa­ra­me­ter, die den Mas­sen­trans­fer kon­trol­lie­ren, über­wacht: Luft- und Was­ser­fluss durch di­rekte (Dur­ch­fluss­ra­ten) und in­di­rekte (CO2 und Ra­don) Mes­sun­gen.

Ein Team von zwei Dok­to­ran­den soll das Mo­ni­to­ring vor Ort ein­set­zen und die für das Pro­jekt er­for­der­li­chen Kom­pe­ten­zen und Si­mu­la­tions­werk­zeuge ent­wi­ckeln. Er­fah­rene For­scher des SISKA und des FAST wer­den die Dok­to­ran­den ak­tiv un­terstüt­zen, um Ver­fah­ren fest­zu­le­gen, Kom­pe­ten­zen zu ent­wi­ckeln und die not­wen­di­gen Ent­schei­dun­gen zu tref­fen, um die auf­tre­ten­den He­raus­for­de­run­gen zu lö­sen.

Dieses Pro­jekt wird zwei­fel­los neue Er­kennt­nisse über die Reak­tion von Karst­mas­si­ven auf den Kli­ma­wan­del, die Belüf­tung von Karst­mas­si­ven und die Be­deu­tung der Kon­den­sa­tion für die Auffül­lung von Grund­was­ser­lei­tern lie­fern.

Die Er­geb­nisse des Pro­jekts wer­den auch wich­tige Da­ten für an­dere Be­reiche lie­fern: Trink­was­ser­ver­sor­gung (Tem­pe­ra­tur­sch­wan­kun­gen von Karst­quel­len), öf­fent­liche Ge­sund­heit (aus­geat­metes Ra­don in Wohnhäu­sern), Speläo­ge­nese (Kor­ro­sion durch Kon­den­sa­tion), Per­ma­frost (natür­liche Ei­shöh­len), Nie­der­tem­pe­ra­tur-Geo­ther­mie (Aus­wir­kun­gen von Lei­tun­gen auf den Wär­meaus­tausch), Tun­nel- und Mi­nen­bau (Vo­rher­sage von Hohlräu­men und mas­si­ven Was­se­rin­tru­sio­nen), Fer­ner­kun­dung (In­ter­pre­ta­tion ther­mi­scher Ano­ma­lien), Höh­len­kon­ser­vie­rung (Schutz ar­chäo­lo­gi­scher und tou­ris­ti­scher Höh­len), Koh­lens­toff­kreis­lauf (die Au­flö­sung und Ausfäl­lung von Kar­bo­na­ten wird durch den pCO2-Wert, al­so durch die Belüf­tung, ges­teuert), un­te­rir­dische Bio­lo­gie (Bio­tope un­te­rir­dische)...

Die Er­geb­nisse dieses Pro­jekts wer­den zu ei­nem Schlüs­sel­schritt im Verständ­nis der Wär­meü­ber­tra­gung in Kar­bo­nat­ge­stein wer­den.

Link zur SNF-Seite Ther­mo­karst

PHD-Studierende


Kontakt

Amir Se­da­ghat­kish
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Clau­dio Pas­tore
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PIs

Pierre-Yves Jean­nin (ISSKA), Fré­dé­ric Dou­menc (Sor­bonne), Marc Luet­scher (ISSKA).

Veröffentlichungen

Se­da­ghat­kish A., Dou­menc F., Jean­nin PY., Luet­scher M., 2024. Mo­de­ling the ef­fect of free convec­tion on per­ma­frost mel­ting rates in fro­zen rock-clefts. The Cryos­phere, 18, 4547-4565, doi.org/10.5194/tc-18-4547-2024

Pas­tore C., Se­da­ghat­kish A., Schmid N., We­ber E., Luet­scher M., 2024. Mo­ni­to­ring air fluxes in caves using di­gi­tal flow me­ters. In­ter­na­tio­nal Jour­nal of Spe­leo­lo­gy, 53, 63-73. doi.org/10.5038/1827-806X.53.1.2500

Se­da­ghat­kish A., Pas­tore C., Dou­menc F., Jean­nin PY., Luet­scher M., 2024. Mo­del­ling heat trans­fer for as­ses­sing the convec­tion length in ven­ti­la­ted caves. Jour­nal of Geo­phy­si­cal Re­search: Earth Sur­face (Jour­nal für geo­phy­si­ka­lische For­schung: Er­do­ber­fläche), 129, e2024JF007646. doi.org/10.1029/2024JF007646

Pas­tore C., We­ber E., Dou­menc F., Jean­nin PY., Luet­scher M., 2024. Dis­per­sion von künst­li­chen Tra­cern in belüf­te­ten Höh­len. In­ter­na­tio­nal Jour­nal of Spe­leo­lo­gy, 53(1), 51-62. doi.org/10.5038/1827-806X.53.1.2497

Ga­ra­gnon J, Luet­scher M., We­ber E., 2022. Ven­ti­la­tion re­gime in a kars­tic sys­tem (Mi­landre Cave, Swit­zer­land). Kars­to­lo­gia Me­moi­ren, 23, 187-19

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